Von der Rolle

Gestern abend hatte ich überraschenderweise ein tieferes Gespräch mit meinem Mann. Nach dem Essen tauschten wir einige Informationen aus, bis er mich fragte, wie es mir denn jetzt wieder zuhause gehen würde. Schluck! Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Nach einer ersten innerlichen Abwehrhaltung meinerseits kam das Gespräch in Gang, wir saßen recht lang beisammen. Es gab keinen Streit und keine bösen Worte.

Für uns als Paar sehe ich keine Zukunft, die Vorstellungen über eine gelungene Beziehung sind zu unterschiedlich. Mein Mann hätte kein Problem damit, weiterhin die Situation einer Zweck- und Wohngemeinschaft aufrechtzuerhalten.

Wie sehr habe ich mich jahrelang bemüht, mit dieser Situation zu leben. Es ist das, was mir meine Eltern vorgelebt haben bzw. vorleben. Man bleibt zusammen und hält durch. Es ist das, was ich gelernt und verinnerlicht habe: ein braves Mädchen ist ein gutes Mädchen. Die Kinder sind noch zu jung, man darf keine Familie zerstören. Wenn dein Partner kein Interesse an Sex hat, gehst du eben leer aus oder du verstößt gegen die Moral und hast einen Liebhaber.

Mehr denn je geht es aktuell für mich – aber auch generell – darum, Weiblichkeit zu leben. Was uns in den Medien ständig über Bilder/Videos/Werbung präsentiert wird, ist keine Weiblichkeit. Dieser Overkill an Zurschaustellung macht uns, unsere Kinder und Jugendlichen im Grunde nur krank.

Was lernt mein knapp 13-jähriger Sohn über Mädchen oder Frauen über die Medien? Mädchen und Frauen müssen sich (permanent) sexy präsentieren. Wie soll er sich da zaghaft einem so wunderbaren Thema wie Sexualität annähern? Ich finde das sehr traurig.

Die Feministin Antje Schrupp hat eine sehr interessante Meinung zum Thema Begehren, was uns antreibt:

Werden wir wieder, was wir sind. Frauen und Männer!

21 Kommentare zu “Von der Rolle

  1. Oh – wie sehr Du mir mit Deinem letzten Satz aus der Seele sprichst, obwohl er nicht korrekt ist. Ein wichtiges Merkmal der Weiblkichkeit ist ja schon durch die sogenannte“Gleichstellung“ oder „Gleichberechtigung“ kaputtgegangen: Das Geheimnisvolle, das für Männer immer im Weibe lag.

    Wieso Dein letzter Satz nicht korrekt ist? Weil: zu Frau gehört Herr, zu Mann gehört Weib (im Tierreich gibt’s Männlein und Weiblein, das ist das sexuelle Geschlecht; Frau ist eine Stellung in der Gesellschaft ebenso wie Herr).

      • *nick*

        Früher, als ich noch jung war *hust* so um 1700 herum, auch 1800 und sogar 1910 erklärte man die Ehepartner zu „Mann und Weib“. Die Emanzen wollten dann immer als Frau tituliert werden und haben die richtige Bedeutung der Worte damit aus dem Gedächtnis der Männerenschen gestrichen.

      • Kommt auf den Ton an, in dem der das sagt. Von bewundernd über vergötternd über begehrend bis zu abwertend kann das alles sein – je nach Ton.

      • Aber es ist das richtige zu Mann. Frau gehört zu Herr. Ist wirklich so. Oder?

        Übrigens ist das Wort „Weib“ in vielen Beziehungen eben NICHT abwertend im Einsatz …

  2. Nein, kein Mensch muß durchhalten … sicher gibt es mal Durststrecken, aber jeder ist auch für sein Glück verantwortlich.
    Bedenke, was Du Deinem sohn Vorlebst. Solange du dch mit Deinem Mann friedlich auseinander dividieren kannst, ist es doch ok und für Euch tun sich ganz neue Welten auf.
    Mir fällt gerade ganz spontan ein Lied von Peter Maffay ein “ auf dem Weg zu mir hab ich mich oft verlaufen

    Auf dem Weg zu mir
    Hab ich mich oft verlaufen.
    Die Prügel, die ich bezog,
    Taten weh.
    Auf dem Weg zu mir
    Stand ich oft frierend draußen
    Und hab von dort in ein warmes Zimmer gesehn.
    Und manchmal liefen mir
    Tränen übers Gesicht,
    Das Weitergehn fiel schwer,
    Doch eines wußte ich:

    Nein, ich geb niemals auf,
    Auch wenn es noch härter kommt.
    Sonst verliere ich nur
    Die Achtung vor mir.
    Und ich steh wieder auf,
    Auch wenn ich am Boden bin,
    Denn ich schaff ’s ganz bestimmt
    Ich spür es in mir.

    Auf dem Weg zu mir
    Ging ich durch Himmel und Hölle.
    Ich ahnte, die Freiheit liegt
    Mitten drin.
    Auf dem Weg zu mir
    Bin ich mir selbst begegnet
    Erkannte mich manchmal selber nicht mehr.

    Denn frei zu sein, daß heißt
    Meist auch einsam zu sein.
    Ich traf zwar viele dort,
    Doch selten einen Freund.

    Nein, ich geb niemals auf,
    Auch wenn es noch härter kommt.
    Sonst verliere ich nur
    Die Achtung vor mir.
    Und ich steh wieder auf,
    Auch wenn ich am Boden bin,
    Denn ich schaff ’s ganz bestimmt
    Ich spür es in mir.

    Komm und steh wieder auf
    Auch wenn es noch härter kommt.
    Denn du schaffst es bestimmt,
    Ich weiß es genau.

    Alles Liebe
    sweetkoffie

  3. Also im Grunde kann ich – nie verheiratet, kinderlos – so gar nicht mitreden, ich frage mich aber doch sehr oft, wie fundiert dieses Argument „wir bleiben der Kinder wegen zusammen“ wirklich ist. Wenn die Liebe oder Passion oder auch das Begehren weg ist oder in andere Richtungen tendiert, dann ist das nicht zu ändern und ich denke sowas merkt ein Kind auch. Einem Kind sowas vorzuleben finde ich im Grunde viel schlimmer, weil es das Vorleben einer falschen Beziehung ist. Und ob sich da so richtig Nestwärme aufbauen kann…ich weiß ja nicht.

  4. kommt mir bekannt vor, ich hab’s vor einer ewigkeit in der gleichen situation nicht ausgehalten und habe mich, trotz kind, getrennt. gegen die moral zu verstoßen, war mir nicht möglich, also blieb nur die friedliche trennung…
    mein ex wollte auch keinen sex…

      • ja.
        er hat inzwischen wieder geheiratet, mein sohn hat eine ganz liebe stiefmutter bekommen.
        meine story ist nicht ganz so rosig, hab mich unglücklich verliebt und lange damit gekämpft.
        aber es war richtig.
        ja.

  5. Also in dem Alter hat mann & frau sich noch an harmlosen Heftchen (BRAVO, Praline etc.) „orientiert“, der Austausch von Theorie fand auf der Strasse statt. Die dort kursierenden Mythen waren ebenfalls nicht wirklich gefährlich falsch, sondern führten höchstens zu komischen Situationen in den ersten Nahkämpfen. Kurz, man hat sich zusammengerauft. Mann hatte natürlich noch diese Extra-Neugier auf „härteres Info-Material“, aber dahinter stand eher der Reiz des Verbotenen, davor die Hemschwelle, es illegalerweise zu erwerben und ggf. damit erwischt zu werden. Mütter finden ja alles, was sie nicht finden sollen. Dann hatte der Arsch Kirmes, auch wenn es sich in der Regel um vergleichsweise softe Erotica gehandelt hat. Echter Schweinkram machte ganz selten die Runde, die Faszination des Neuen liess auch schnell nach oder kam erst gar nicht auf, oft wurde nur irritiert die Frage „Das soll Spass machen?“ gestellt. Wir konnten zwischen Fiktion und Realität noch gut unterscheiden. Heute sind die Kids nur einen Mausklick von 2Girls1Cup entfernt, für die ist der grösste Scheiss bare Münze und normal. In der Realität wird kaum noch abgeglichen bzw. gelernt, das Konsumierte wird meist nur nachgeäfft. Was ich nicht wirklich verstehe, warum fügen sich die emotionaleren Mädchen auch in diese starren Rollenbilder? Die Sau rauslassen ist ja schön und gut, aber früher oder später fehlt ihnen was. Nur wissen sie dann gar nicht mehr was, denn wenn das so weitergeht, wird in ein paar Jahren der Begriff „Blümchensex“ vollkommen ausgestorben sein.

    • Ich wundere mich schon fast ein bisschen, dass ich das veröffentlicht habe. Mit der Zeit habe ich mir (wieder) angewöhnt, weniger persönlich zu bloggen.

      Danke für Deine Zustimmung und Dein Verständnis.

      Herzliche Grüße
      Andrea

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